Die Agent Factory: Wie Kärcher mit APIs die Grundlage für intelligente Automatisierung schafft
Google Cloud Content & Editorial
14.000 Mitarbeitende in 100 Tochtergesellschaften nutzen bei Kärcher bereits Gemini – mit einer beeindruckenden monatlichen Nutzungsrate von 72 Prozent. Aber je größer die Begeisterung für KI, desto klarer wurde, dass eine fragmentierte IT-Landschaft schnell zum Bottleneck wird: Skalierung beginnt mit Verbindung. Die Lösung? Ein systematischer Ansatz, der APIs nicht als technisches Detail, sondern als strategische Infrastruktur für KI begreift.
Wenn digitale Komplexität auf KI-Ambitionen trifft
Kärcher steht stellvertretend für eine Herausforderung, die viele Industrieunternehmen kennen: Jahrzehntelange digitale Transformation hat zu einer komplexen Systemlandschaft geführt. SAP ECC und S/4, Microsoft Dynamics CRM auf Azure, E-Commerce-Services auf AWS, ein Data Lake auf BigQuery – jedes System für sich leistungsfähig, aber nicht durchgängig verbunden.
"Wir müssen weg vom Denken in Einzeltools und hin zu einer konsistenten digitalen Journey", sagt Leonhard Kerscher, CIO von Kärcher. "Geschwindigkeit und Effizienz entstehen dann, wenn wir bestehende Schnittstellen und Lösungen wiederverwenden, statt sie immer neu zu bauen."
Das Problem verschärfte sich mit dem Aufstieg generativer KI. Denn KI-Agenten sind nur so gut wie der Kontext, den sie erhalten und der liegt verteilt über Dutzende Systeme. Self-Service-Initiativen und dezentrale Innovation sind wichtig, aber ohne standardisierte Schnittstellen führen sie zu noch mehr Fragmentierung. Kärcher erkannte: Die eigentliche Herausforderung war kein KI-Problem, sondern ein Integrationsproblem.
Die Lösung: Eine Fertigungsstraße für KI-Agenten
Gemeinsam mit Google Cloud und dem Partner Zoi entwickelte Kärcher ein Konzept, das auf den ersten Blick ungewöhnlich klingt: die Agent Factory. Die Metapher ist bewusst gewählt, denn was Kärcher im Kerngeschäft perfektioniert hat, überträgt das Unternehmen nun auf die Entwicklung intelligenter Automatisierung: industrielle Systematik statt chaotisches Experimentieren.
Im Zentrum steht Google Apigee als AI Gateway, die zentrale Infrastruktur für alle API- und KI-Integrationen. Apigee fungiert als einheitlicher Zugangspunkt, über den interne wie externe Systeme angebunden, Datenflüsse gesteuert und KI-Services orchestriert werden. Das Prinzip: Single Namespace, Single Entrypoint, Single Contact, Single Governance.
Der Aufbau folgt einer klar gestuften Logik:
- External Standard APIs: Kärcher startete mit dem "Wrapping" externer KI-Services wie Gemini, OpenAI, Claude, aber auch Standard-APIs wie Google Maps. Dieser Ansatz ermöglichte schnelle Erfolge in Bereichen mit geringer Business-Kritikalität und schuf gleichzeitig Lernkurven für die Organisation.
- Internal Standard APIs: Im nächsten Schritt werden interne Systeme wie Jira, Confluence oder das PLM-System ARAS über das Gateway in einen zentralen API-Hub integriert. Damit entsteht eine wiederverwendbare Schnittstellenschicht, auf die unterschiedliche Agenten zugreifen können.
- Golden Process APIs: Das Ziel sind End-to-End-Schnittstellen für kritische Geschäftsprozesse – von E-Commerce über Produktion bis zur Beschaffung. Diese "Golden APIs" definieren nicht nur technische Standards, sondern verkörpern auch fachliche Prozesslogik.
Die Visualisierung der Agent Factory zeigt den Weg von einzelnen Use Cases zu wiederverwendbaren Mustern: KI-Anwendungsfälle werden nach Kontext und Prozess geclustert, daraus entstehen Agent Patterns, Blaupausen, die auf gemeinsamen Daten- und API-Produkten basieren. Jeder neue Agent erweitert das gemeinsame System und macht es für den nächsten Einsatz leistungsfähiger.


Kärchers Agent Factory ist eine Fertigungsstraße für KI-Agenten
Quantitativ bedeutet das: Mindestens ein neuer Agent pro Monat, etwa 50 neue Nutzer monatlich, Aufbauzeitraum drei Jahre (2025–2028). Nach der Pilotphase wird ein Verrechnungsmodell eingeführt – request-basiert für Standard-APIs, token-basiert für KI-Schnittstellen.
Kontrolle ermöglicht Geschwindigkeit
Weil Skalierung ohne Kontrolle per se gefährlich ist, hat Kärcher ein dreistufiges Governance-Modell etabliert:


Rollout, Standardisierung und Harmonisierung sind drei Säulen des AI Gateway Frameworks
Die zentrale Plattform verantwortet technische Standards, AI Governance, Datenschutz und Security. Ein API-Enablement-Programm unterstützt dezentrale Teams mit Best Practices, Templates und Schulungen. Dezentrale Teams haben Ownership für fachliche APIs innerhalb ihrer Domänen.
Apigee stellt dafür die technischen Grundfunktionen bereit: Authentifizierung, Autorisierung, Logging, DLP-Filterung, Versionskontrolle. Gleichzeitig dient es als Monitoring-Tool, mit dem sich Datenflüsse in Echtzeit nachvollziehen lassen, selbstverständlich angepasst an Datenschutz- und Betriebsratsvorgaben.
Ein interdisziplinär besetztes Data & AI Strategy Board mit Vertretern aus Data Office, Legal, IT Security und Operations überwacht Freigabe, Priorisierung und Compliance neuer Agenten. So entsteht ein kontrollierter Lifecycle-Ansatz, der EU AI Act und DSGVO-Konformität sicherstellt.
Kärcher misst die Wirksamkeit über klare KPIs: Reuse-Rate (wie oft werden APIs wiederverwendet?), Time-to-Integration (wie schnell entstehen neue Verbindungen?) und Adoption-Index (wie viele Mitarbeitende nutzen die Plattform aktiv?). Diese Kennzahlen werden über Apigee Analytics erfasst und fortlaufend ausgewertet.
Wenn Agenten miteinander sprechen
Die aktuelle Architektur legt das Fundament für eine Zukunft, in der nicht nur Menschen mit KI-Agenten arbeiten, sondern Agenten miteinander kommunizieren. Ein Agent im Einkauf könnte automatisch einen Agenten in der Qualitätssicherung anfragen, der wiederum einen Produktions-Agenten triggert – orchestriert über standardisierte APIs, kontrolliert über zentrale Governance.
Das ist keine Science-Fiction; es ist die logische Konsequenz einer Architektur, die Wiederverwendung zum Prinzip macht. Parallel treibt Kärcher die kulturelle Verankerung voran: Showcases, Hackathons und Leuchtturmprojekte sollen Potenzial sichtbar machen, Hemmschwellen senken und Mitarbeitende aktiv in die Gestaltung einbinden.
Je mehr Mitarbeitende die Plattform nutzen, desto mehr Agenten entstehen – ein selbstverstärkender Innovationszyklus, bei dem Adaption zum Motor für Weiterentwicklung wird.
Mit dem AI Gateway auf Basis von Apigee schafft Kärcher mehr als eine technische Infrastruktur: Es entsteht eine Organisation, die Daten, Prozesse und Automatisierung als ein System denkt. Strukturell intelligent, technisch robust, kulturell verankert – bereit für eine Zukunft, in der KI nicht nur unterstützt, vielmehr aktiv mitgestaltet.


